Poolbar-Szene-Kultursommer
Der Sommer ist vorbei. Auch wenn man das, was sich heuer zwischen Frühling und Herbst abgespielt hat, wohl kaum als Sommer bezeichnen konnte.
Zumindest was die Temperaturen angeht – denn der Festivalsommer in Vorarlberg hatte mehr zu bieten als das Wetter – und WestPoint war dabei…
Poolbar Festival Feldkirch:
Das Poolbar Festival wurde von einer der momentan angesagtesten österreichischen Bands eröffnet: Bilderbuch. Und gleich zur Eröffnung war die Bude voll. Das war ein großartiger Start in den Vorarlberger Festivalsommer. Entäuschte Gesichter sah man dann zum Teil bei den Dandy Warholes. Fans der Band waren vom Auftritt begeistert, doch die Leute, die nur „Bohemian Like You“ kannten und nicht wussten, was sie erwartet, waren zum Teil schwer erschrocken vom Sound, den sie da hörten – es klingt halt nicht jeder Song wie der eine Hit. Das zweitägige „Poolbar auf der Wiese“ war sehr stark. An Tag eins spielten Booka Shade und Cody ChesnuTT, doch die Überraschung des Tages waren die Steaming Satellites, die am frühen Nachmittag mit ihrem Rock so manchen WestPoint-Redakteur von den Socken haute. An Tag zwei brachten Bonaparte mit ihrer durchgeknallten Show das Publikum zum Tanzen und die Shout Out Louds mit ihrer Popmusik zum Träumen.
Die Großen wie HIM, The Subways oder Maximo Park überzeugten alle auf ganzer Linie. Doch was beim Poolbar Festival immer wieder schön ist: Da spielen Vorbands, die die Leute begeistern und den Headlinern oft um Nichts nachstehen. Besonders hervorzuheben sind hier Dawa (vier Straßenmusiker aus Wien, die sich zu einer Folk Band zusammengetan haben), From Scratch (Punkrock aus Vorarlberg mit eingängigeren Hooks als
der Headliner Real McKenzies) oder Matt Boroff (der vor HIM eine Wahnsinns-Solo-Show abgeliefert hat). Weiteres erwähnenswertes: Bester Eistee überhaubt, HIM-Fans warten ab acht Uhr morgens vor der Halle für einen Platz in der ersten Reihe, ein DJ aus Innsbruck bricht sich den Fuß, als er von der Bühne springt, Pop-Quiz macht immer noch Spaß und man trifft immer noch jede Menge nette Leute. Wir freuen uns auf nächstes Jahr.
Szene Openair Lustenau
Fangen wir mit dem Negativen an. Die Babyshambles haben mal wieder einen Auftritt abgesagt. Ein Schicksal, das sich das Szene Openair mit dem Frequency teilt. Das wars aber schon mit den Negativmeldungen. Kommen wir zum positiven:
1. Die Locals
Dass die Vorarlberger (und die Liechtensteiner) Bandszene im Moment äußerst stark sind, gab es auf dem Festival laufend zu hören. Vor allem die Bandbreite war faszinierend. Rock der Alten Schule gab es von Raze, Turpentine Moan und The Weight, Punkrock im Stil der 90er gab es von Scratch, eine gehörige Portion Metal und Hardcore von Taped, Machine Gun Horror, und Eyes Seem Shut,… Diese Bands sollten die Möglichkeit bekommen, auch öfters mal außerhalb Vorarlbergs zu spielen – sie hätten es sich auf jeden Fall verdient.
2. Die Nachmittagsbands
Hier gab es von allem ein bisschen. Wär es härter mag, hatte seine Freude
mit den Deez Nuts, Apologies I Have None oder den schrägen Vögeln von Eskimo Callboy (ja, es ist mir bewusst, dass sich die Typen nicht ganz ernst nehmen; Aber ist das wirklich ein Grund Herz an Herz von Blümchen als Intro zu nehmen?!? Den ganzen Song!?!) . Wer es etwas ruhiger mochte, hatte seine Freude bei Thees Uhlmann (der Tomte Sänger ist auch solo ganz groß), James Hersey (der hat Potential und ist live nochmals ein Stück besser als auf Platte) oder 65daysofstatic (sphärischer Post-Rock – als sie auf die Bühne kamen, begann es zu regnen, was jedoch stimmungstechnisch perfekt zu ihrem Sound passte).
3. Die Headliner
Airbourne waren auf jeden Fall der Headliner. Sie lieferten eine eindrucksvolle Rockshow ab – so viel Energie auf einer Bühne sieht man selten. Marteria und die Bloody Beetroots brachten das Publikum zum Tanzen. Schandmaul hatten mit ihrem Mittelalter-Rock einen kleinen Exotenstatus auf dem Szene Openair, überzeugten aber auf ganzer Linie.
4. Das Ambiente
Die Location am Alten Rhein ist schön wie eh und je, auch wenn der Campingplatz noch einige feuchte Stellen von den Regenfällen der Tage vor dem Openair hatte. Die Aufteilung der Bühnen könnte kaum besser sein – kurze Wege und keine Überschneidungen. Nur die Elektro-Bühne auf dem Campingplatz wirkte etwas deplaziert. Vielleicht könnte man hier im nächsten Jahr akustische Acts auftreten lassen – das würde eventuell besser passen. Der Alte Rhein lud wie immer zum Baden ein und sowohl Getränke als auch Essen waren für ein Festival nicht nur gut ,sondern auch vergleichsweise preiswert.
5. Das Kriesenmanagement
Was macht man wenn ein Headliner wie die Babyshambles absagt. Entweder gar nichts. Oder man macht es wie das Szene Openair. Tageskarten konnte unkompliziert zurückgegeben werden und für alle anderen gab es als Ersatz eine Stunde lang Freibier bzw. gratis nicht-alkoholische Getränke als kleine Entschädigung. Dafür, dass die Babyshambles erst wenige Stunden vor ihrem Auftritt abgesagt haben, hat die Szene Openair-Crew die Krise wohl bestmöglichst bewältigt.
Kultursommer,
Conrad Sohm Dornbirn
Der Kultursommer im Sohm wurde am 1. Juni mit aller Härte eröffnet: Sepultura gaben sich die Ehre im Prachtclub, supportet von der Trash-Metal-Hoffnung aus dem Ländle: Machine Gun Horror. Es gab Highlights am laufenden Band. Against Me! hauten ein Set raus, das sich sehen und hören ließ. Songs vom aktuellen Album „Transgender Dysphoria Blues“ durchmischt mit Klassikern wie „I was a Teenage Anarchist“, „White Crosses“ oder „The Ocean“. Auch sie hatten eine Vorband dabei, die sich eine Headliner-Tour in Europa verdienen würde: Radkey aus Missouri, die nicht nur rockten wie die Großen, sondern auch abgingen, als würden sie unter Strom stehen. Unbedingt mal reinhören! Neben grossen Acts wie Tito Larriva, Machine Head, Hatebreed oder Shantel, überzeugten wieder einmal die Locals. Taped heizten die Halle vor Hatebreed auf, als hätten sie nie was Anderes gemacht; Sortout sorgten für headbang-bedingte Schwindelgefühle und Discopowerboxxx bewiesen, dass ihre aktuelle Platte zurecht Demo des Monats im Visions wurde. Der Abend, der (zumindest für mich persönlich) am überzeugensten war, war der Anti-Flag Abend. Eröffnet wurde von den Vorarlbergern 20Last Century, einer Kombo mit spannender Vorgeschichte. So waren ihre Mitglieder zuvor unter anderem bei Harrys Haare, Out of Frame oder Parasol engagiert. Danach durften die großartigen Rantanplan ran. Songs aus ihrem aktuellen Output „Pauli“ wurden genau so zelebriert, wie alte Hits und das Jan Delay-Cover „Auf St.Pauli brennt noch Licht“. Liebe Leute aus der p.m.k., der Livestage oder vom Weekender: Holt die Jungs mal nach Innsbruck! So großartig, wie alles bis zu diesem Punkt war, danach wurde alles noch einmal getoppt. Anti-Flag starteten ihr Set mit „Hymn for the Dead“, ließen keinen Hit vermissen und hatten ihr Publikum von Beginn an unter Kontrolle. Egal was gefordert wurde – Circle Pit, Moshpit, Mitgeklatsche oder Mitgesinge – das Publikum befolgte alles (in nicht unbedingt punkiger Manier), was sich die Band wünschte. Ein fetter Abend, der mit „Power to the Peacefull“ gekrönt wurde, bei dem Drummer Pat Thetic kurzer Hand sich und seine Drums ins Publikum beförderte und vor der Bühne zu Ende spielte.